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Vortragsreihe: Mit System verrückt .... Oder: Über die Lesbarkeit von Kunst |
Van Gogh? Ach ja, dieser Irre, der sich das Ohr
abgeschnitten hat .... ! - Dali? Noch so’n Abgedrehter, aber malen konnte der ...
! - Michelangelo? War das nicht der mit der Sixtinischen Kapelle? Wahnsinn, so
viele Quadratmeter - und alles alleine - na ja, ... ! Kandinsky? Da hängen zwei
Poster bei uns im Büro, irgend so was Geometrisches, alles ziemlich
durcheinander, macht sich da aber ganz gut ... - !
Unzählige Definitionsversuche, viel Irritation und
jede Menge „kunsthistorische Lyrik“ haben das Phänomen Kunst bisher begleitet
und geprägt, (zu) viele Generationen haben mit einem Pinsel- und
Tuschkasten-Trauma ihre Schulkarrieren beendet und seitdem für Kunst und
Künstler allenfalls noch ein süßsaures Lächeln übrig.
Demgegenüber verzeichnen groß angelegte
Ausstellungsprojekte und museale Neugründungen Rekord-Besucherzahlen. Sind
letztere eher Ergebnis cleveren Marketings oder Ausdruck eines buchstäblich
massenhaften Grundbedürfnisses, der Kunst näher zu kommen, sie (endlich einmal)
zu verstehen?
Die Ziele der auf mehr als 20 Abende angelegten
Bild-Vortragsreihe ergeben sich denn auch aus der Grundauffassung der Kunst als Sprache. Das, was auf
den ersten Blick dem Zufall entsprungen zu sein scheint, gibt oft auf den
zweiten oder gar dritten Blick seine auf eine ganz spezielle Wirkung zielende
Komposition preis, die auf der ganz gezielten Anwendung künstlerischer
„Sprachelemente“ beruht. Entdeckt man diese, dann kann Kunst geradezu zur
Offenbarung werden!
Es ist nun einmal ein Ammenmärchen, dass Kunst
grundsätzlich „zweckfrei“ sei oder zu sein habe. Auch dass der Künstler fast
immer als Randfigur der Gesellschaft gesehen wird, der sich mangels einer
besseren Idee und gegen alle Ratschläge der Verwandtschaft der „brotlosen
Kunst“ widmet, bedarf sicher einer differenzierteren Sicht; die
Beurteilungskriterien für Goethes „Faust“ und das Telefonverzeichnis von
Lüdinghausen dürften sich auch unterscheiden, obwohl beide gleichermaßen als Druckerzeugnisse
vorliegen….!
Es ist deshalb das Anliegen des Referenten - selbst
akademisch ausgebildeter Künstler und promovierter Kunsthistoriker - dem
interessierten Laien einen Schnupperkurs durch den kunsthistorischen
Gemüsegarten von der Antike bis in die Gegenwart anzubieten, um zu zeigen, dass
die Kunst ein großes zusammenhängendes organisches Ganzes bildet, in dem nichts
voraussetzungslos entstand und entsteht, und dass ihre Erzeugnisse - seien sie
Architektur, Skulptur oder Gemälde - nicht wie vereinzelte Fettaugen auf einer
ansonsten eher mageren historischen Brühe schwimmen, sondern einem roten Faden
folgen. Dieser ist für das sensibilisierte Auge deutlich sichtbar in das Band
der Menschheitsgeschichte eingewebt, einer Geschichte, der die Kunst in
faszinierendster Weise sowohl die Fackel voran als auch die Schleppe
hinterhergetragen hat.
Interessiert? Da lässt sich was machen!
Termine
Herbst/Winter 2023/24
Montag, 11.09.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 7 Wo bitte geht’s
zum lieben Gott? Oder: Die Kunst in
Zeiten, als das Bauen noch geholfen hat. Teil 2: Die Gotik
am Beispiel der Kathedrale von Chartres |
Galerie Hunold Greven Martinistraße
47-49 |
Wer
schon einmal ehrfürchtig staunend in einer großen gotischen Kathedrale
gestanden hat, dem mag es befremdlich erscheinen, dass der Begriff gotisch
ursprünglich ganz und gar abwertend gemeint war: Er begegnet uns als arte
gotico bei Giorgio Vasari im 16. Jahrhundert zum ersten Mal und ist
dessen Versuch, die gotische Kunst als veraltet, ja gar als
barbarisch abzuquali-fizieren, verband man doch den Untergang Roms und seiner
Kultur insbesondere mit den verschiedenen Stämmen der Goten und deren
Eingriffen in den Lauf der Geschichte. Verschiedenen
Eingriffen unterworfen wurden leider auch viele der heute noch existierenden
gotischen Kathedralen selbst, sei es durch kriegerische Ereignisse, Unfälle
oder mutwillige Zerstörungen, nicht zuletzt auch durch „modernisierende“
Umbauten. Um
eine Ahnung von der Komplexität und geradezu atemberaubenden gedanklichen wie
bildlichen Dichte eines derartigen Bauwerkes zu bekommen, wollen wir uns an
diesem Abend insbesondere um die Kathedrale von Chartres kümmern, in diesem
Gesamtkunstwerk „blättern“ und lesen wie in einem kostbaren alten Buch.
Schade nur, dass Vasari wohl nicht dabei sein wird …! |
Mittwoch, 13.09.2023 Beginn: 19:30 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 8 Der Kölner Dom,
das Verhältnis zweier „Religions-Schwestern“ zueinander und der Umbruch zur
Neuzeit |
Erwitte Festsaal Marx Wirtschaft Am Markt 11 |
So
steht er da in Köln, der Dom, und manch einer hält ihn für das gotische Bauwerk
schlechthin. Doch hätten Sie gewusst, dass er zu gut zwei Dritteln erst im
19. Jahrhundert erbaut wurde, zu einer Zeit, als auch an etlichen anderen
Plätzen der Welt „gotisierende“ Gebäude in den (wirtschafts-)politischen
Himmel schossen? Dass
das Christentum aus dem Judentum hervorgegangen ist, sollte eigentlich kaum
einer besonderen Erwähnung bedürfen, ist doch auch das sog. Alte Testament nach der Kanonisierung
der christlichen Bibel deren unabdingbarer Basis-Bestandteil. So weit, so
gut, möchte man meinen, wäre da nicht über nahezu zwei Jahrtausende das sehr
wechselhafte Verhältnis der beiden Glaubensgemeinschaften zueinander: Von der
ursprünglichen Überlegung, ob ein Nichtjude überhaupt Christ sein dürfe (!)
bis hin zur Verteufelung des Andersgläubigen war nahezu alles drin. So wollen
wir uns in einem weiteren Teil der Veranstaltung einmal diversen Bild-zeugnissen dieses Verhältnisses
zuwenden, das in seiner Negativ-Ausprägung keinesfalls auf den deutschen
Sprachraum beschränkt ist! Sucht
man nach der Initialzündung für die Entstehung der sog. „Renaissance“,
so begegnet dem/der Suchenden eine Vielzahl unterschied-licher Einschätzungen
und Jahreszahlen; hat man Glück, so werden diese „mit Begründung“ geliefert.
Aber im Grunde verhilft zunächst allein eine epidemische Katastrophe in der
Mitte des 14. Jahrhunderts der Menschheit zu einem rigorosen Umdenken und in
der Folge zu einer grandiosen kulturellen Blüte: Die Pest! Wie das?
Eigentlich alles ganz einfach. Schau‘n wir doch einfach mal …! |
Montag, 25.09.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 8 Der Kölner Dom,
das Verhältnis zweier „Religions-Schwestern“ zueinander und der Umbruch zur
Neuzeit |
Greven Galerie Hunold Martinistraße
47-49 |
Text
siehe: Termin
Erwitte, 13.09.2023 |
Montag, 16.10.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 9 Florenz, die
Medici und Michelangelo I |
Greven Galerie Hunold Martinistraße
47-49 |
Wollte
man sich dem Phänomen der Renaissance ohne eine Anbindung an die Familie der
Medici und „ihre“ Stadt Florenz nähern, es bliebe unverzeihliches Stückwerk!
Die europäische Geschichte des 15. u. 16. Jahrhunderts hätte ohne sie einen
anderen Verlauf genommen, und auch auf viele großartige Werke der Kunst
müssten wir heute ohne ihr Mäzenatentum ganz sicher verzichten. Nur ist dabei
auch zu bedenken, dass ihnen die Förderung von Kunst und Künstlern nicht
völlig selbstlos am Herzen lag, sondern ein ganz wesentlicher Bestandteil
ihres macht-politischen Programms war – im Grunde ein ganz alter Hut, der der
Menschheit aber immer wieder über die Augen gezogen wurde und wird! Doch
seien wir fair: Hätte Michelangelo nicht als Teenager am Hofe der Medici
(geradezu wie ein Sohn Lorenzos des Prächtigen!) seine umfassende Ausbildung
erhalten, wir hätten heute vielleicht Arbeiten eines guten Hand-werkers, aber
nicht Werke eines zur Vollblüte gebrachten Genies mit schier unglaublichem
Tiefgang. So
wollen wir uns an diesem Abend in jene Zeit und Umstände hineindenken und uns
in etliche Werke einlesen, die man bislang vielleicht schon zu kennen
glaubte; die Erschließung ihrer eigent-lichen Funktionen und Bedeutungen
dürfte aber auch für einige erhellende Überraschungen sorgen.
Versprochen!! |
Montag,
18.10.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 9 Florenz, die
Medici und Michelangelo I |
Erwitte Festsaal Marx Wirtschaft Am Markt 11 |
Text
siehe: Termin
Greven, 16.10.2023 |
Montag, 06.11.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 10 Die Sixtinische
Kapelle als Gesamtkunstwerk Oder: Mose zwischen
Urknall und Jüngstem Gericht |
Greven Galerie Hunold Martinistraße
47-49 |
Man
schreibt das Jahr 1475 – und das hat es aus kulturhistorischer Sicht gleich
in mehrfacher Weise wirklich in sich: Papst Sixtus IV. ruft ein „Heiliges
Jahr“ aus und auf den Grundmauern der mittelalterlichen Cappella Grande im Vatikan wird im Frühjahr mit dem Bau einer
neuen Kapelle begonnen, die den Namen ihres Erbauers unsterblich machen soll,
die Sixtina! Nahezu zeitgleich kommt am 6. März im toskanischen Caprese ein
kleiner Junge zur Welt, den diese später als ihren wohl begnadetsten Künstler
aller Zeiten feiern und dessen Name heute stets in einem Atemzug mit diesem
Gebäude genannt wird: Michelangelo! Wenngleich der Grundkanon der bildlichen
Ausgestaltung der Kapelle nicht durch ihn ausgeführt wurde, so kann er doch
als deren alles überragender Vollender gelten. Ironie des Schicksals: Michelangelo hat
sich den Auftrag (eigentlich waren es sogar zwei) der Ausmalung nicht
gewünscht; nach eigenem Bekunden hat er ihn bzw. sie sogar regelrecht gehasst
– und er lässt den sensibilisierten Betrachter seiner Meisterwerke noch heute
an seiner teils subtilen, teils drastischen malerischen Rache teilhaben! Aber
der Reihe nach: Dem Referenten wird es darum gehen, eine Vielzahl
bildsprachlicher Vokabeln in einem großen Zusammenhang lesbar und
verständlich zu machen. Im gigantischen Bildprogramm der Sixtina werden nicht
nur Szenen des Alten und des Neuen Testaments in ihrer besonderen Abstimmung
aufeinander, sondern auch in ihrer macht-politischen Indienstnahme durch
Papst und Kirche erkennbar, bei der man nichts dem Zufall oder gar einer
ungesteuerten Macht überlassen wollte. Nur genau da hatte man sich dann bei
Michelangelo gehörig verrechnet! |
Mittwoch,
15.11.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 10 Die Sixtinische
Kapelle als Gesamtkunstwerk Oder: Mose zwischen
Urknall und Jüngstem Gericht |
Erwitte Festsaal Marx Wirtschaft Am Markt 11 |
Text
siehe: Termin
Greven, 06.11.2023 |
Montag, 20.11.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil 11 Michelangelo II,
Raffael und Leonardo – Giganten der Renaissance |
Greven Galerie Hunold Martinistraße
47-49 |
Eines
vorab: Es wäre vermessen, wollte man die Werke dieser drei wahrlich
übergroßen Gestalten der Wissenschaft (!) und Kunst an nur einem Abend auch
nur annähernd erschöpfend behandeln, es könnte einfach nicht gelingen. Wir
werden dennoch den Versuch unternehmen, anhand von Schlüsselwerken den
genialen Denkweisen und bildnerischen Erfindungen dieser drei Großen
nachzuspüren, sie zu erschließen und zu lesen. Dabei könnte es passieren,
dass selbst vermeintlich „ganz bekannte“ Werke wie Raffaels Schule von Athen oder Leonardos Abendmahl sich in ihrem ganz
spezifischen Kontext als etwas entpuppen, was man nicht einmal im Traum für
möglich gehalten hätte. Beispiel? Das Abendmahl
ist ein Wandbild in einem ehemaligen Speisesaal eines Klosters, in letzter
Konsequenz aber gar nicht für die dort speisenden Mönche gedacht und gemacht
worden! Es enthält nämlich eine hochgradig politische Botschaft … aber
das klären wir dann alles am 14.3.! |
Dienstag,
21.11.2023 Beginn: 19:30 h |
Mit System
verrückt Oder: Über die
Lesbarkeit von Kunst Teil 13 Welt und
Bildwelt des Hieronymus Bosch Oder: Der Teufel hat
nicht nur den Schnaps gemacht |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Wohl
kaum jemand, der die Bilder dieses vor exakt 500 Jahren verstorbenen
Künstlers betrachtet, kann sich einem Gemisch aus Faszination und Verwirrung
entziehen. Fragen nach Hintergründen und Bedeutung seiner Motive bzw. Symbole
drängen sich auf – und bleiben doch allzu oft unbeantwortet; zu fremd
erscheint uns heutigen Menschen das Dargestellte. Vergleiche mit Werken des
Surrealismus des 20. Jahrhunderts liegen nah und werden auch oft bemüht, aber
genauso, wie Letzterer nur aus seiner Entstehungszeit heraus zu erklären ist,
so muss man sich zum Verständnis der Werke Boschs die Mühe machen (oder auf
das Abenteuer einlassen!), das alltägliche und das geistig-religiöse Umfeld
des 15. und frühen 16. Jahrhunderts in Europa zu erkunden - und das hat es in
vielerlei Hinsicht richtig in sich: Der christliche Glaube wird nicht
einheitlich vertreten; unterschiedlichste Gruppierungen wetteifern um die
„rechten Lehren“. Sie unterscheiden sich von jener der römisch-katholischen
Kirche manchmal so drastisch, dass der Vatikan nur mit z.T. brutalster Gewalt
der Inquisition seinen Führungsanspruch innerhalb der Christenheit
durchzusetzen und unliebsame Gegenströmungen auszuschalten vermag. Die
Bildschöpfungen Boschs können nur wie ein Röntgenbild oder Dia vor einem
solchen Hinter-grund betrachtet werden, der sie gleichsam von hinten
durchstrahlt. Und so wollen wir am 21.11. das Licht in unserem
(kunst-)historischen Leuchtkasten anschalten, um sodann in den Bildern Boschs
auf Entdeckungsreise zu gehen. Und eines sei schon jetzt verraten: Es gibt
richtig viel zu entdecken - Überraschungen garantiert! |
Montag,
04.12.2023 Beginn: 19:00 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil
12 Die Renaissance
nördlich der Alpen von van Eyck bis Grünewald Insbesondere: Der Isenheimer
Altar |
Greven Galerie Hunold Martinistraße
47-49 |
Für
einen Künstler der Renaissance war ein Geburtsort nördlich der Alpen lange
Zeit geradezu ein Makel. Italien war das künstlerische Mekka, in das
dann auch folgerichtig viele Nord-Vertreter der Zunft regelrecht pilgerten,
um zu studieren, sich handwerklich auszubilden oder sich ganz einfach unter
südlicher Sonne inspirieren zu lassen. Doch sind die künstlerischen
„Nordlichter“ daher eher als zweitrangig einzustufen? Mitnichten! Auch sie
schufen Werke von allerhöchstem Rang mit z.T. atemberaubendem intellektuellem
Tiefgang! Als
Mathis Gothart Nithart, genannt Grünewald, in den Jahren von 1512 – 1516 die
Bildtafeln des sog. Isenheimer Altars schuf, konnte er kaum ahnen, dass sein
Werk einmal in einem musealen Rahmen rund eine Viertelmillion Besucher pro
Jahr anlocken würde, denn zu deren Erbauung hatte er es nun wahrlich nicht
geschaffen. Vielmehr hatte es im Rahmen der ganz speziellen Krankenpflege der
Antoniter-Mönche eine besondere Aufgabe zu erfüllen, der Begriff Psychotherapeutikum hat hier durchaus
seine Berechtigung! Vieles ist schon geschrieben worden über dieses Werk, das
zu Recht als eines der Hauptwerke der Renaissance bezeichnet wird. Doch
oftmals bleiben dabei dennoch Details unberücksichtigt, die zu einem
erweiterten Verständnis jedoch unerlässlich sind. Ich
lade Sie ein zu einer „Lesereise“ durch faszinierende Bildprogramme, um das
vielleicht bereits Gewusste um ein paar (entscheidende?) Aspekte zu
erweitern. Vermutlich wird es einige Überraschungen geben! |
Dienstag,
05.12.2023 Beginn:
19.30 h |
Mit System
verrückt Oder: Über die
Lesbarkeit von Kunst Teil 14 1517 – vorwärts, rückwärts, seitwärts, ran Oder: Luther bei die Fische |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Im
Herbst 1517 bekommt Papst Leo X. auf dem Dienstweg Post von einem ihm bis
dahin völlig unbekannten Martin Luther, sozusagen aus deut-schen Landen
frisch auf den Tisch! Leos Fehler: Er nimmt das „Mönchlein“, den Schreiber
der berühmten 95 Thesen, nicht ernst. Und als dieser am 31. Oktober 1517
seine schriftlich ausformulierte Kirchenkritik an die Tür der Schlosskirche
von Wittenberg nagelt und damit öffentlich macht, beweist er wahrhaft Mut,
ahnt aber ganz gewiss noch nichts von den letztlich welterschütternden Folgen
seines Tuns. Nun
ist Luther nicht der Erste, der an der „Verderbtheit“ der Institution Kirche
und ihres Personals Anstoß nimmt, nur mit ihm erreichen die Kritik und
schließlich die heftige Auseinandersetzung zweier Lager nie zuvor gekannte
Dimensionen. Dabei fungieren das gedruckte (!) Wort und das Bild als
zunehmend scharf geführte Waffen in der ersten großen Medienschlacht der Neuzeit.
Die Reformation macht aus Bildern Mittel einer breiten „Verkündigung“; die
kommunikative Schlacht gegen den kirchenpolitischen Gegner bebildert
entsprechend auch Polemik, Abwertung und Verhöhnung. So
wollen wir uns an diesem Abend anhand einer Fülle von Bildwerke hineindenken
und -sehen in die Zeit und die Ereignisse jener (religions-) politischen
Explosion, von der uns mittlerweile 5 Jahrhunderte trennen, deren
Erschütterungs-wellen aber immer noch deutlich zu spüren sind. |
Dienstag,
09.01.2024 Beginn:
19.30 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil
15 Die Renaissance
nördlich der Alpen – Altdorfer, Holbein, Brueghel, Arcimboldo |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Hätte
Papst Leo X. 1517 der Kritik am inner-betrieblichen und geschäftlichen
Gebaren der Kirche ein wenig mehr Aufmerksamkeit geschenkt, die Einheit der
Kirche hätte vermutlich nicht zur Disposition gestanden. Etwas
anders – aber doch ähnlich – liegt der Fall ein paar Jahre später, als
Heinrich VIII. von England den Papst bittet, seine Ehe mit Katharina von
Aragón mangels männlichen Nachwuchses aufzulösen. Der so gebetene Papst ist
Clemens VII., der diesem Ansinnen Heinrichs allerdings nicht entspricht,
worauf der mit der Lossagung von der römisch-katholischen Kirche und der
Gründung einer eigenständigen anglikanischen Kirche reagiert. Just zu dieser
Zeit arbeitet Hans Holbein d. J. als Hofmaler am englischen Hof … Drei
Jahrzehnte später werden die inzwischen stark dem Protestantismus zuneigenden
Nieder-länder zu spüren bekommen, was es heißt, wenn ein König in Spanien und
der Papst in Rom gemeinsame Sache machen, um die „verirrten Seelen“ wieder
auf den betriebswirtschaftlich rechten Weg zurückzuführen. Vor
diesem hochbrisanten (kirchen-)politischen Hintergrund malt Pieter Brueghel
d. Ä. einige seiner Hauptwerke. Der als „Bauern-Brueghel“ völlig falsch
„verschubladete“ Maler wird sich dem Blick des Eingeweihten als beißender
Kritiker der Obrigkeit offenbaren. Mit
Arcimboldo werden wir uns schließlich in jene kunstgeschichtliche Nische
begeben, die heute als Manierismus
bezeichnet wird, über die wir die Renaissance eher spielerisch verlassen und
uns auf das Barock einstimmen wollen.
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Dienstag,
30.01.2024 Beginn:
19.30 h |
Mit
System verrückt Oder:
Über die Lesbarkeit von Kunst Teil
16 Inszenierung der
Macht von Ludwig XIV. bis Napoleon I. Oder: Ein Bild lügt
mehr als tausend Worte |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Wenn
heutzutage die Wahl eines politischen Kandidaten von der Auswahl seiner
Krawatte für den besonderen Fernseh-Auftritt abhängen kann (das ist leider
kein Witz!), dann mag man leicht glauben, im falschen (pardon: gefälschten!)
Film zu sein – und liegt dann mit dieser Einschätzung meistens goldrichtig. Macht
kennt im Grundsatz nur zwei bedeutsame Phasen: 1. Das Streben nach derselben
und 2. nach ihrem Erreichen das ständige Bemühen um ihren Erhalt. Dabei
bedient man sich nicht erst im Zeitalter digitaler Medien der Wirkmacht des
Bildes, das dazu entsprechend komponiert und bei dem das Dargestellte im
Dienste der Absicht inszeniert wird. Unverblümt sprach es seinerzeit ein
hochrangiger Mitarbeiter des office of global communication eines George W.
Bush in laufende Kameras und Mikrofone: „Wir achten nicht nur sehr genau
darauf, was der Präsident sagt, sondern auch, was das amerikanische Volk
sieht (…). Amerikaner sind meistens so viel beschäftigt, dass sie oft nicht
die Zeit haben, eine ganze Übertragung zu sehen. Und so wollen wir mit einem
Bild klarmachen, worum es geht.“ Bei aller Unverschämtheit dennoch im Grunde
ein alter Hut. Der
Referent wird versuchen, anhand einer Fülle von Beispielen, die vom kleinen,
eher unschein-baren Symbol bis zur Gesamtanlage eines ganzen Schlosses
reicht, die in langer Tradition stehende Macht-Ikonographie zweier Herrscher
aufzuzei-gen, deren hervorstechende Eigenschaften mit Sicherheit nicht
Bescheidenheit und Selbst-zweifel waren – und deren Inszenierungen bis heute
Schule machen. |
Dienstag,
20.02.2024 Beginn:
19.30 h |
Mit System
verrückt Oder: Über die
Lesbarkeit von Kunst Teil 17 Aufbruch in die
Moderne - von Goya bis Menzel |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Der
Begriff der „Moderne“ wird gemeinhin gern mit der Zeit nach 1945
gleichgesetzt – aber es gibt auch gute Gründe, ihre Anfänge bereits im frühen
19. Jahrhundert zu suchen. 1808
löst ein politischer Schachzug Napoleons I. in Spanien (!) einen Aufstand
aus, der blutig niedergeschlagen wird. Die Folge: Eine Massen-exekution und
eine malerische Reaktion Goyas – mit Zeitzünder! 1867 löst ein politischer
Schach-zug Napoleons III. eine Exekution in Mexiko (!) aus. Auch hier wird
ein Maler drastisch reagieren, jetzt allerdings ohne jahrelange Verzögerung, denn die dazwischenliegenden
Jahrzehnte haben dem Künstler eine völlig neue Rolle in der Gesellschaft
ermöglicht: Er kann frei als kritische Instanz in der Öffentlichkeit
auftreten. Seine
Rolle als Karikaturist ist im Prinzip nicht neu, aber die Möglichkeiten der
Lithografie und verbesserte Drucktechniken ermöglichen sehr zeitnahe
Reaktionen auf Ereignisse aller Art, insbesondere natürlich jener in der
Politik – hier jedoch nicht immer nur zur Freude aller! Dass
die sog. „Industrielle Revolution“ ein viel-fältiges Echo auch in der Kunst
gefunden hat, ist naheliegend, die Bandbreite reicht jedoch von
Verherrlichung bis Verteufelung, vom grandiosen Eiffelturm bis zur
verzweifelnden Weberfamilie – nicht immer etwas für schwache Nerven! |
Dienstag,
05.03.2024 Beginn:
19.30 h |
Mit System
verrückt Oder: Über die
Lesbarkeit von Kunst Teil 18 Auguste Rodin und Camille Claudel Oder: Ekstase
und Tragik |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Auguste
Rodin (1840 – 1917) gilt heute als Wegbereiter, wenn nicht gar als Vater der
modernen Bildhauerei. Er wurde und wird als genialer Künstler gefeiert,
verdiente ein Vermögen, seine Arbeiten finden sich heute in öffentlichen und
privaten Sammlungen auf der ganzen Welt. Weniger bekannt ist hingegen, dass
er in erster Linie seine Figuren lediglich in Ton modellierte, ein
beachtlicher Stab an Mitarbeitern aber dann für die Umsetzung in
unterschiedliche Formate und andere Materialien (Gips, Marmor, Bronze)
sorgte. Hier stoßen wir auf Camille Claudel (1864 – 1946): Zunächst Schülerin
Rodins, wird sie sehr bald zu seiner engsten Mitarbeiterin, Muse und
Geliebten – deren sehnlicher Wunsch nach einer wirklichen Lebensgemeinschaft
mit Rodin jedoch letztlich nicht erfüllt wird. Die
Themen höchster Sinnlichkeit und Erotik, Sehnsucht, Schmerz und Tragik
durchziehen wie ein Spiegel ihres Verhältnisses große Teile ihres jeweiligen
Werkes, die Urheberschaft einer einzelnen Arbeit ist dabei für den
uneingeweihten Betrachter oft auf den ersten Blick nicht zu erkennen.
Bedeutet das aber nicht im Umkehrschluss, dass wir es nicht nur mit einem Genie zu tun haben? Am 19.11.
soll auf der Grundlage einer intensiven Auseinander-setzung mit vielen Werken
der beiden darauf eine Antwort gegeben werden – welche, das ahnen Sie sicher
bereits … |
Dienstag,
19.03.2024 Beginn:
19.30 h |
Mit System
verrückt Oder: Über die
Lesbarkeit von Kunst Teil 19 Inszenierung der
Ohnmacht – van Goghs Leben und Werk oder: Mensch
Vincent! |
Minden Kleines Theater
am Weingarten |
Sein
Name ist wohl wie kaum ein zweiter als Synonym für den Künstler als
verkrachte Existenz und tragisch am Leben gescheiterte Figur im kollektiven
Menschheitsgedächtnis verankert. Fast schon reflexartig stellen sich Bilder
von südfranzösischen Sonnenblumen und von im Wahnsinn abgetrennten
Ohrmuscheln vor dem geistigen Auge des kreuzworträtsel-geschulten Mitmenschen
ein, der dann vielleicht auch noch erwähnt, das „Nachtcafé“ als Poster im
Flur zu besitzen – und in aller Regel die „Café-Terrasse am Abend an der
Place du Forum in Arles“ meint … Ja,
er galt und gilt landläufig als „verrückt“ – aber was ist schon
„normal“? Nein, er verfügte über keine
kunstakademische Ausbildung – und hat dennoch (oder vielleicht gerade
deshalb?!) der expressionistischen Kunst des 20. Jahr-hunderts den Weg
gewiesen! Und ja, er hat seinem Leben mit erst 37 Jahren selbst ein Ende
gesetzt – aber nicht aus Lebensüberdruss oder in einem Anfall von Wahnsinn,
sondern aus einer zutiefst empfundenen Verantwortung heraus. Wie das? Wenn seinerzeit Joseph Beuys äußerte,
dass Leben und Werk identisch seien, so lässt sich das bei Vincent van Gogh
in geradezu mustergültiger Weise aufzeigen, und genau das möchte der Referent
am Vortragsabend seinem Publikum liefern. Wir wollen eintauchen in das Leben,
Denken und Empfinden eines Menschen, der uns dieses durch seine schriftliche,
insbesondere aber bildliche Hinterlassenschaft ganz offenherzig, zuweilen
sogar schonungslos ermöglicht. Wir werden sehen, dass Beuys in seinem Credo
„Im Zentrum steht der Anthropos“ mit van Gogh einen lupenreinen
Geistesverwandten besaß; nur schade, dass auch die beiden sich nie begegnet sind – ach, Mensch Vincent!!! |